7 Gründe, warum Wasser so wichtig ist

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Morgens der erste Kaffee oder Tee, Toilettenspülung, Zähneputzen: wir drehen den Kran auf und klares Trinkwasser läuft ins Becken. Für uns alle in Nordrhein-Westfalen eine Selbstverständlichkeit. Aber tatsächlich müssen wir uns immer wieder und zukünftig viel stärker um unser wichtigstes Lebensmittel kümmern. Wer darf warum wie viel Wasser benutzen? Wie können wir uns auf zu viel Wasser wie 2021 im Ahrtal und zu wenig Wasser wie im Sommer 2018/2022 vorbereiten? Jede einzelne Sichtweise auf das Wasser werde ich noch in weiteren Blogartikeln detaillierter aufgreifen. Hier und heute kommen 7 Gründe, warum wir uns intensiver um unser Wasser kümmern müssen.

1. Wasser braucht jede und jeder!

Spätestens in diesem Sommer haben wir alle gespürt, dass Wasser für alle ein ziemlich wichtiges Thema ist. Dabei  ging es in diesem Jahr in Deutschland nur um zu wenig Wasser. 

Wer sich an die Nachrichten zurückerinnert, weiß noch von Verboten, den Rasen zu wässern und von Gieß-Tipps für Hobbygärtner. Aber auch Waldbrände in ausgetrockneten Forstgebieten waren Thema – besonders im Sauerland. Oder Feldbrände bei der Ernte des ohnehin nicht optimal gewachsenen Getreides.


Feldbrand bei Gehrden, Krs. Höxter Copyright: Johannes Kahle Waldbrand im Sauerland, Märkischer Kreis Copyright: Feuerwehr Iserlohn

Die Pegel der Flüsse gingen so stark zurück, dass die Schifffahrt bspw. auf dem Rhein stark eingeschränkt war, weil das Rinnsal, das auch am Landtag vorbei floss, weder breit noch tief genug für den Schiffsverkehr war

Von dem wenigen Wasser wurde dann noch etwas von der Industrie entnommen, teilweise mit Abwassern vermischt und aufgewärmt wieder zurückgeleitet. Dadurch haben sich Flüsse erwärmt und die Konzentration von Schadstoffen wie bspw. Salzen stieg stark an. Eine solche Veränderung war zum Beispiel  in der Oder die wahrscheinlichste Ursache für das große Fischsterben, das durch die Medien ging.
So haben wir erlebt, wie viele Bereiche überhaupt auf Wasser angewiesen sind. 

2. Wer nimmt denn Wasser für wen und warum?

Fangen wir mit den privaten Haushalten an. 133 Liter pro Kopf pro Tag sind in NRW fällig. Na klar, wir gehen auf die Toilette, duschen, waschen uns mehrfach am Tag die Hände, kochen Kaffee oder Tee, oder mal Mittagessen. Aber auch das Gießwasser für die Blumen, das Wischwasser für den Boden oder das Spülen benötigt Wasser, egal, ob mit Maschine oder per Hand. In der Regel ist dieses Wasser das bestaufbereitete Trinkwasser der Region. Geprüft wird, dass Grenz- und Zielwerte von Schadstoffen eingehalten werden und das Wasser kommt klar aus dem Hausanschluss. Im öffentlichen Bereich brauchen wir Wasser für Schwimmbäder, für die Straßenreinigung, für die Schulen, Kindergärten und Senioreneinrichtungen. 

Gehen wir weiter in die Betriebe: je nachdem, welche Art die Produktion ist, wird auch hier viel Wasser benötigt. Das ist Prozesswasser für die chemische Industrie, Kühlwasser für die Energieerzeugung und Wasser in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Aber auch in der Primärproduktion, also im Anbau von Getreide und Gemüse und der Tierhaltung, wird sehr viel Wasser benötigt. Eine Kuh kann nur Milch geben, wenn sie saufen kann. Ein Weizenhalm wächst nur, wenn er in lockeren Abständen genug Wasser bekommt. Gerade in diesem Jahr konnten wir viele Beregnungsanlagen sehen, die die Ernte bei der langen Trockenheit retten sollten.

3. Zu wenig Wasser gefährdet alles

Wir laufen durch die Klimaveränderungen immer stärker in eine Zeit, in der die Starkregenereignisse zunehmen, aber auch die Trockenperioden heißer und vor allem länger werden.
Der Dürremonitor des Helmholtz-Instituts zeigt sehr nachdrücklich, dass die tieferen Bodenschichten eine nie gekannte Trockenheit durchmachen. 

Dürremonitor; Daten: Helmholtz-Zentrum

Weiterhin sinkt der Grundwasserspiegel immer weiter ab, d.h. es fließt nicht genug Oberflächenwasser durch die oberen Bodenschichten, um weiter unten zu Grundwasser zu werden. Kurzum – Es verdunstet weniger Wasser über Land, es fällt weniger Regen. Nachschauen können Sie es auf diesem Online-Portal: http://bit.ly/3gMayUL

In den Wäldern ist bereits seit Jahren Hochalarm, weil die zunehmende Trockenheit die Fichten erst anfällig gemacht hat, bevor der Borkenkäfer zugeschlagen hat. Auch die Buchen in den Wäldern sind stark bedroht: durch den Stress des wenigen Regens bilden sich die feinen Wurzeln nicht gut aus, die das Wasser von weiter unten nach oben ziehen. Auch auf den Feldern der Landwirte ist das deutlich spürbar. Getreide und Gemüse wurzelt nicht allzu tief. Wenn aber kein früher normaler Regen fällt, bilden sich die Fruchtkörper, also Körner und bspw. Kohlköpfe nicht ordentlich aus, weil überall Wasser benötigt wird.

4. Zu viel Wasser braucht Hochwasserschutz 

Zwischen dem 12. und dem 17. Juli 2021 haben wir in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sehr eindrücklich erlebt, dass zu viel Wasser in kurzer Zeit eine Kraft entwickeln kann, die unermessliches Leid und katastrophale Zerstörungen zur Folge hatte. In Hagen flossen Sturzbäche die abschüssigen Straßen hinunter und rissen Geröll, Bäume, Autos und auch Menschen mit. Stunden später boten sich in Erftstadt-Blessem und in mehreren Orten der Eifel grausame Bilder, von weggerissenen Häusern, vernichteten Straßen und Schienen und Nachrichten über insgesamt 220 Toten, davon allein in Deutschland 186. In Essen selbst schwollen mit dem Deilbach kleinste Nebenflüsse der Ruhr derart an, dass sie ganze Baustellencontainer und tonnenschwere Balken weggerissen und hunderte Meter weiter anschwemmten. In Essen-Kupferdreh und Kettwig liefen Häuserzeilen voll, das Hab und Gut der Menschen wurde vernichtet.
In der ganzen Tragik der Ereignisse muss es in gegenwärtigen und zukünftigen Entscheidungen immer und zwei Dinge gehen: Aufbau der zerstörten Strukturen und Verhinderung von Wiederholungen. Beide Ansätze münden in besserem Hochwasserschutz für Gebiete, die durch Starkregenfälle betroffen werden können. Wir müssen aus den Ereignissen auch für Gebiete lernen, die noch nicht durch das Wasser zerstört wurden.

5. Grundwasser gibt es doch immer, oder?

Eben nicht! Grundwasser kann nur dann nachfließen, wenn genug Oberflächenwasser in die tieferen Schichten sickern kann. Es sickert aber immer weniger. Die Ursachen liegen zum einen in der anhaltenden Trockenheit, aber auch vor allem in der Versiegelung der Flächen: wenn einmal etwas geteert, gepflastert oder sonstwie bebaut ist, kann kein Regen mehr durchdringen. Das Wasser läuft oberflächlich ab, in die nächste Kanalisation und damit in Kläranlagen und Flüsse. Damit ist es erst einmal weg!
Sowohl Landwirte, als auch viele Betriebe sind auf die Entnahme des Grundwassers angewiesen. Grundwasser gehört rechtlich dem Grundstückseigentümer. Das bedeutet, dass er Brunnen schlagen oder anderweitig Grundwasser für seine Zwecke entnehmen kann.
In der jetzigen Situation läuft es aber darauf hinaus, dass wir zumindest überdenken müssen, ob wir rechtlich so weitermachen können. Denn das Grundwasser wird weniger und wir müssen uns wahrscheinlich demnächst entscheiden, ob uns der Golfplatz, der seine Rasenflächen täglich in sattes Grün verwandelt, wichtiger ist, oder der Bauer, der daneben Mais anbaut. Aber vielleicht ist uns auch der Mineralwasserproduzent wichtiger? Jedenfalls gibt es den Liter Grundwasser nur einmal und wir müssen uns zukünftig wahrscheinlich entscheiden, wer ihn zuerst haben soll.

6. Woher kommt unser Trinkwasser?

In vielen Bereichen in NRW ist das Trinkwasser Grundwasser, das aufbereitet, getestet und in saubere Leitung gepresst die Menschen der Gegend versorgt. Gerade im Ruhrgebiet, aber auch in der Rheinschiene und am Niederrhein wird jedoch Flusswasser entnommen und aufbereitet. Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, wo Ihr Trinkwasser herkommt?
Ich selbst wohne in Essen und weiß, dass unser Trinkwasser der Ruhr entnommen wird. In der Trinkwassergewinnungsanlage zwischen Steele und Burgaltendorf wird es filtriert, mit UV-Strahlen beschossen, über Aktivkohle laufen gelassen und verschiedenen anderen Verfahrensweisen unterzogen, bis es als klares Wasser aus unseren Wasserkränen in den Wohnungen fließt.
Bis jedoch das Ruhrwasser in Essen entnommen wird, ist es bereits 7x durch den menschlichen Körper gelaufen. Das heißt, eine andere Kommune hat bereits das Wasser entnommen, anschließend die Abwässer durch die Kläranlagen gereinigt und gesetzeskonform in die Ruhr zurückgeführt. Gesetzeskonform heißt in diesem Fall, Grenzwerte und Zielwerte eingehalten zu haben. Auch Essen macht das so. Entnahme, Reinigung, Prüfung, Zuleitung, Ableitung, Kläranlage, Prüfung und wieder in die Ruhr. 

7. Womit müssen wir in Zukunft rechnen?

Seit den 70ern wird vor dem Anstieg der Temperatur und dem Klimawandel gewarnt. Zuerst verlacht und als Spinner abgetan, erleben die Wissenschaftler jetzt zunehmend Anerkennung für ihre Arbeit, die Bevölkerung zu warnen.
Als Politikerin habe ich den Auftrag, zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen die Rahmenbedingungen anzupassen, um einerseits den Klimawandel abzuschwächen oder zu unterbinden. Aber andererseits auch, und das ist für mich die wichtigste Aufgabe, den Menschen in NRW zu ermöglichen, mit den Klimaveränderungen klarzukommen. Denn dass das Klima sich durchgreifend verändert, ist uns allen vor Augen. Starkregenereignisse werden häufiger, Stürme werden zerstörerischer, Hitzewellen werden erbarmungsloser, die Wirkung auf Wasser- und Lebensmittelversorgung wird existenzieller. Wasser ist dabei das Element, um das es sich in Zukunft für alle drehen wird.

Verantwortlich handeln und entscheiden

Bei allen schlimmen Zukunftsvisionen ist es meine Aufgabe und auch mein Privileg, für die zukunftsweisenden Entscheidungen für die Bürger in NRW zu sorgen. Wasser darf nicht zum Spielball für gewinnorientierte Firmen werden, denn wir alle brauchen und benötigen Wasser. Aber die Frage muss erlaubt sein, ob ein Golfplatz Vorrang vor einem Bauernhof hat oder die chemische Industrie aus dem Vollen schöpfen kann, während Privathaushalte sich Wasservorräte anschaffen. Das sind die Fragen der Zukunft, die ich nicht nur stellen, sondern auch bearbeiten will.