Goodbye Weihnachtsbaum? – Wälder umbauen und Zukunft pflanzen

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Haben Sie schon einen Weihnachtsbaum fürs Fest gekauft? Was ist es denn? Eine Nordmanntanne? Eine normale Tanne ist ja meist zu stachelig, eine Kiefer sieht mit ihren gepaarten Nadeln bemerkenswert anders aus oder doch eine Fichte? Ach nein, eine Fichte bekommt man ja kaum noch. Warum eigentlich? 

Winterberg, Sauerland; Foto: Frank Hütter

Wozu eigentlich Wald?

Der Wald ist für mich und viele andere Menschen mit schönen Erinnerungen und Gefühlen verbunden. Für manche ist er gar der “Sehnsuchtsort”, zu dem es sie immer wieder hinzieht. Außerdem ist Wald auch für jeden in NRW wichtig! Für Kinder und Erwachsene aus Köln, Düsseldorf und Aachen, die dort mit oder ohne Sport frische Luft tanken wollen, für die Wald- und Holzbranche und ihre nachgelagerten Industrien, in denen über 160.000 Menschen in NRW arbeiten, aber auch für Leute, die nie ins Sauerland oder die Eifel fahren und den Wald nicht kennen: die bekommen Sauerstoff und Kühlung, die vom Wald bis in die Ballungsräume transportiert wird. Wir profitieren alle vom Wald, aber wir müssen mehr dafür tun, dass es so bleibt.

Was der Wald kann

Wälder riechen nicht nur gut und sind Erholungsgebiete, sondern die Bäume erfüllen für uns alle wichtigen Aufgaben, wie zum Beispiel die Umwandlung von Kohlendioxid (CO²) in Sauerstoff und Holz. Jedes Holzprodukt – ob Fenster, Kochlöffel, Schreibtisch oder Dachbalken – speichert den Kohlenstoff, den der ursprüngliche Baum der Atmosphäre entzogen hat. Und zwar eine Tonne Kohlenstoff pro Kubikmeter Holz! Dieser Kohlenstoff bleibt solange gebunden – und damit der Atmosphäre entzogen – wie das jeweilige Holzprodukt bestehen bleibt. Es ist also klug, gegen den Klimawandel zu arbeiten, indem man möglichst viele Holzprodukte braucht – vorausgesetzt, sie sind nachhaltig produziert.

Der Wald bietet außerdem Lebensraum für eine große Anzahl unterschiedlicher Arten: Kleinstlebewesen im Waldboden, verschiedene Pilzarten, unterschiedliche Pflanzen, die wiederum vielen Tieren eine Heimat bieten. Wälder sind also große Biodiversitätsstützpunkte; jedenfalls wenn es ein halbwegs gesunder Wald ist. 

Doch vielerorts ist der Wald nicht mehr gesund, so dass dort die weitverzweigten Lebensgemeinschaften aus Flora und Fauna nicht mehr überleben. Neben der Biodiversitätskrise in der Landwirtschaft ist das ein großes Problem, an dem wir arbeiten müssen. Jedes Jahr veröffentlicht die Landesregierung einen Waldzustandsbericht, in dem die Lage der einzelnen Baumarten, der Zustand des Waldbodens und die Kronenverlichtung, also die Dichte des Blätterdachs bewertet wird – und wie auch in den letzten Jahren hat der jetzige gezeigt, es geht unserem Wald ganz und gar nicht gut.

Hitze und Dürre – Der Wald stirbt

Die zunehmenden Hitzesommer und die jahrelange Dürre haben vor allem den Fichten so zugesetzt, dass der Borkenkäfer leichtes Spiel hatte und Wälder direkt hektarweise absterben ließ. Die kahlgeschlagenen Waldstücke begegnen uns überall.
Das ist vor allem für Waldbauern schlimm, denn die Fichte gilt als “Brotbaum” oder “Baumsparkasse” für die Finanzierung des Betriebs und als Altersvorsorge, die quasi durch den Käfer in ein, zwei Sommern zerfressen wurde.

Borkenkäfer-Plage; Foto: Matthias Münning

Auch der Klimawandel in NRW ist seit Jahren spürbar, denn wer aufmerksam durch den Wald geht, sieht schlecht belaubte Baumkronen, viel trockenes Laub auf dem Waldboden, in dem sich ein Waldbrand in rasender Geschwindigkeit ausbreiten kann.Wir haben häufiger mit Waldbränden zu kämpfen, die nicht nur Bäume vernichten, sondern auch Lebensraum für Pflanzen und Tiere auslöschen.

Was der Wald braucht – Wasser, Holzwirtschaft, Jagd

Wasser

Wir brauchen viel mehr Wasser im Wald, damit Bäume und andere Pflanzen ordentlich wachsen können. Lange und tief reichende Baumwurzeln ziehen Wasser aus der Tiefe nach oben, wovon wiederum andere Pflanzen, Moose und Pilze profitieren. Aber wenn die Bäume weg sind, sind die Flächen kahl, im schlimmsten Fall wird das Erdreich nicht mehr festgehalten und erodiert mit den nächsten heftigen Schauern. Aber Wälder im großen Stil bewässern? Wie soll das funktionieren? Und woher soll das Wasser in Trockenperioden kommen, wenn die Flüsse schmaler werden und die Seen austrocknen?

Photo by Niclas Dehmel on Unsplash



Wir brauchen zukünftig Bäume, die mit mehr Hitze und weniger Wasser besser zurechtkommen. Das ist NICHT die Fichte! Das heißt, auch die Waldbauern werden sich umstellen müssen, indem sie den Wald umbauen und damit die Zukunft für alle pflanzen. Viele haben sich bereits auf den Weg gemacht, diesen Waldumbau anzugehen. Selbstverständlich brauchen sie dafür die Unterstützung des Landes NRW. Doch auch jede und jeder einzelne von uns kann dafür sorgen, dass die Wälder nicht kaputtgehen. Der Wald ist ein lebenswichtiger Baustein für Kühlung, Sauerstoffversorgung und Erholung. Wir müssen den Wald schützen und beim Umbau helfen.

Holzwirtschaft

Das geht nur, wenn wir sowohl ordentliche Waldbewirtschaftung fördern, um unseren Holzbedarf zu decken und damit gleichzeitig die CO²-Speicherung erhöhen. In Deutschland sind in Holzprodukten rund 118 Millionen Tonnen CO² gespeichert. Durch den Einsatz von Holz wird jährlich die Freisetzung von rund 80 Millionen Tonnen CO² aus fossilen Brennstoffen vermieden. Eine Kaskadennutzung des Holzes, bei der erst Möbel und Dachbalken produziert werden, die irgendwann verbrannt werden oder sich sonstwie zersetzen, hat dabei den größten Klimanutzen. Erst am Ende ihres Lebenszyklus’ geben Holzprodukte die gespeicherte Menge CO² wieder ab, die jedoch wiederum von wachsenden Bäumen gespeichert wird. So entsteht ein geschlossener, neutraler CO²-Kreislauf – vorausgesetzt, Nutzung und Wiederaufforstung halten sich die Waage.

Gleichzeitig müssen auch Prozessschutzflächen und Wildnisgebiete in den Wäldern ausgewiesen werden, in denen sie in Ruhe gelassen und Rückzugsorte etabliert werden.

Photo by Julian Hanslmaier on Unsplash

Jagd

Und als Letztes: Der Wald braucht auch die Jagd! Viele Menschen haben sofort „Bambi“ im Sinn, wenn es um Rehe geht. Aber so niedlich sie auch erscheinen mögen ist gerade Rehwild mit hoher Vermehrungsrate und seinem Appetit auf junge Baumknospen ein limitierender Faktor beim Wiederaufforsten. Werden die jungen Baumsetzlinge nicht in ein Plastik-Geflecht gesteckt oder umzäunt, sind sie in Kürze abgefressen. Auch Schwarzwild (Wildschweine) hat sich in den letzten Jahren stark vermehrt. Grund sind die leicht zu erreichenden Futterquellen in Maisfeldern etc.. Die Probleme machen sich durch die zerwühlten Böden im Wald bemerkbar. Auf die natürliche Begrenzung können wir nicht hoffen, denn der Wolf ist noch nicht so zahlreich (und bedient sich auch leichter zu erreichender Beute), dass er Einfluss hätte. Also müssen Jäger ihren Teil tun, um den Wald der Zukunft zu schützen.

Fachleute im Wald – 82 Millionen Förster in Deutschland?

Beim Wald, so habe ich das Gefühl, kann jeder was sagen. Jeder hat seine Erfahrungen mit dem Wald und weiß, was man tun müsste, damit es dem Wald besser geht – vielleicht auch, warum der Wald gar nicht mal so wichtig ist.
Wir haben in NRW gut ausgebildete Förster und Waldarbeiter, Ranger und Wildnispädagogen, die dafür sorgen, dass der Wald zum einen bewirtschaftet, zum anderen als Erholungswald genutzt wird. Deshalb sollten wir auf diese Leute hören, wenn sie uns sagen, wo wir nicht langlaufen, wir keine glühenden Zigarettenstummel ins Unterholz schnippen sollten und wie wir achtsam mit dem Wald umgehen können. Wir alle sind für die Zukunft des Waldes verantwortlich, wir profitieren ja auch alle davon!

Wie es sich verändern wird

Ich bin überzeugt, dass Wälder, kleine oder große, ein unglaublich wichtiges Thema für unsere Zukunft sind. So müssen wir uns vielleicht irgendwann  von der Tradition eines Nadelbaums als Weihnachtsbaum verabschieden. Aber vielleicht können wir dann neue Traditionen etablieren? Beispielsweise an Weihnachten einen Baum pflanzen oder einen Teil der Geschenke zu Weihnachten in Wiederaufforstung von staatlichen Wäldern investieren.
Ich für meinen Teil werde im Landtag dafür streiten und einstehen, dass wir alle Anstrengungen unternehmen, um die Wälder Nordrhein-Westfalens umzubauen und so für die Menschen auch in den nächsten Jahrzehnten einen komplexen Lebensraum neben der Haustür zu bieten.